LG Berlin, Urteil vom 18.09.2007 - Az. 15 O 698/06
LEITSATZ:
Dem Markenrechtsinhaber obliegt bei der außergerichtlichen Verfolgung seiner Rechte die Pflicht die Grundsätze der Schadensminderungspflicht zu beachten, worunter auch die Abwägung fällt ob ein Patentanwalt hinzuzuziehen ist oder nicht. Diese Schadensminderungspflicht erfordert, dass der Geschädigte jegliche Maßnahmen unterlässt, die ein verständiger Mensch unterlässt, wenn er die Kosten dafür selbst aufwenden müsste.
Einem Rechtsanwalt, von dem bekannt ist, dass er im Markenrecht versiert ist, ist es zuzumuten, einfache und bereits mehrfach von ihm bearbeitete Markenverstöße selbst und alleine abzumahnen. In einem solchen Fall ist nicht nachvollziehbar, warum die Hinzuziehung eines Patentanwaltes geboten sein soll. Es entspricht auch nicht dem mutmaßlichen Willen des Abgemahnten, wenn der Anspruchsteller die Rechtsanwaltsgebühren durch Hinzuziehung eines Patentanwaltes verdoppelt und eine solche Hinzuziehung offensichtlich nicht notwendig war.
Die vorgerichtliche Tätigkeit in Form einer Abmahnung ist oft nicht mit der gerichtlichen Vertretung in Markenstreitigkeiten gleich zu setzen. Stellt sich ein Verstoß als eindeutig dar, so kann die Hinzuziehung eines Patentanwaltes rechtsmissbräuchlich sein.
hierzu wörtlich im Urteil:
Die geltend gemachten Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwaltes hingegen stehen den Klägern bereits dem Grunde nach nicht zu, so dass dahinstehen kann, ob eine solche stattgefunden hat, was der Beklagte zulässig bestreitet.
Denn aus § 14 Abs.6, 140 Abs.3 MarkenG analog ergibt sich eine solche Erstattungspflicht nicht ohne weiteres und für jeden Fall der vorgerichtlichen Wahrnehmung von Markeninteressen durch eine Abmahnung.
Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur vertritt zwar die Auffassung, dass § 140 Abs.3 MarkenG analog auf die vorgerichtliche Vertretung in markenrechtlichen Streitigkeiten anzuwenden ist - direkt anwendbar ist die Vorschrift nicht, weil sie nach ihrem Wortlaut lediglich die Vertretung vor ordentlichen Gerichten erfasst (beispielhaft für alle jeweils mit weiteren Nennungen Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2.Auflage, § 140 Randnummer 61 und Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8.Auflage, § 140 Randnummer 36).
Demnach wäre die Notwendigkeit der Einschaltung eines Patentanwaltes in markenrechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich nicht zu überprüfen (für alle Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2.Auflage, § 140 Randnummer mit weiteren Nennungen). Diese Auffassung vermag jedoch mangels Begründung nicht in vollem Umfang zu überzeugen. Denn die vorgerichtliche Tätigkeit in Form der Abmahnung ist nicht in jedem Fall mit der gerichtlichen Vertretung in Markenstreitigkeiten gleich zu setzen.
Ein Verstoß kann derart eindeutig sein, dass die Hinzuziehung eines Patentanwalts sich als rechtsmissbräuchlich darstellt.
Denn es gelten auch für den Anspruch aus § 14 Abs.6 MarkenG die allgemeinen Grundsätze des Schadensersatzrechts nach §§ 249 ff 8GB (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8.Auflage, § 14 Randnummer 263 f). Demnach hat auch der verletzte Markenrechtsinhaber bei der außergerichtlichen Verfolgung seiner Rechte den Grundsatz der Schadensminderungspflicht zu beachten.
Dies wird im Rahmen des § 140 Abs.3 MarkenG für gerichtliche Verfahren dahingehend berücksichtigt, dass ein Patentanwalt im Rechtsmittelverfahren erst dann hinzugezogen werden darf mit der Folge des Kostenerstattungsanspruchs, wenn dies auch aufgrund des Eingangs der Berufungsbegründung auch notwendig ist (ständige Rechtsprechung des OLG München seit Mitt.1994, Seite 249 - die zutreffende Begründung lautet, dass vor Eingang der Berufungsbegründung die zusätzlichen Kosten eines Patentanwaltes nicht ausgelöst werden dürfen, weil dies bis zum Eingang der materiellrechtlichen Begründung des Rechtsmittels unnötig ist). Diese Schadensminderungspflicht erfordert, dass der Geschädigte Maßnahmen unterlässt, die ein verständiger Mensch, der die Kosten dafür selbst aufwenden müsste, unterließe (grundsätzlich Palandt-Heinrichs, BGB, 66.Auflage, § 254 Randnummer 36).
Demnach wäre es vorliegend geboten und ausreichend gewesen, wenn der Vertreter der Kläger Dr. X die Abmahnung alleine ausgesprochen hätte. Aufgrund seiner gerichtsbekannten und in seiner Veröffentlichung dokumentierten markenrechtlichen Fähigkeiten und Kenntnissen wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, den hier streitgegenständlichen einfachen und bereits mehrfach (zumindest einmal mit der gleichen Bildmarke) von ihm bearbeiteten Markenverstoß selbst und alleine abzumahnen. Bereits der von dem Klägervertreter selbst zitierte Rechtsstreit zu dem Aktenzeichen 15 0 699/06 betraf einen gleich gelagerten Sachverhalt. Einen weiteren Fall hat der Beklagte durch geschwärzte Unterlagen dokumentiert. Inwiefern hier schon vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens bereits die Hinzuziehung eines Patentanwaltes geboten sein soll, ist nicht nachvollziehbar.
Der markenrechtliche Verstoß lag und liegt auf der Hand und bedurfte und bedarf keiner weiteren Begründung und/oder rechtlichen Beurteilung. Soweit die Kläger sich auf die markenrechtlichen Einwände des Beklagten beziehen, sind diese nicht geeignet, die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Patentanwaltes für die Abmahnung zu rechtfertigen, denn diese Einwände hat der Beklagte erst in dem Löschungsverfahren erhoben und in dem hiesigen Gerichtsverfahren wiederholt.
Auch im Rahmen des Anspruchs auf Auslagenerstattung aus Geschäftsführung ohne Auftrag ist ein Anspruch auf Zahlung der Patentanwaltsgebühren nicht gegeben. Denn es entspricht nicht dem mutmaßlichen Willen des Beklagten, wenn die Kläger die grundsätzlich begründeten Rechtsanwaltsgebühren verdoppeln, indem sie einen Patentanwalt hinzuziehen, dessen Tätigkeit, wie eben ausgeführt, nicht vonnöten war. Diese Aufwendungen durften die Beklagten nicht für erforderlich im Sinne des § 670 BGB halten (so auch Landgericht Hamburg vom 27.März 2007 zu 312 0 798104).
im Gegensatz zu oben:
Die meisten Gerichte verurteilen den Verlierer des Prozesses jedoch nach wie vor
zu den doppelten Kosten. |